Mittwoch, 6. Februar 2013
Bohnerwachsgeruch
Das Amtsgericht ist einem uralten, gelben Gebäude untergebracht. In den Stufen der Steintreppe sind tiefe Wölbungen, Stück für Stück wurde Millimeter für Millimeter von Generationen an Besuchern abgetragen, die dort einen Termin hatten. Ein Schild an der schweren Holztür am Eingang macht darauf aufmerksam, dass man die Klinge ganz nach unten drücken möge, um die Tür zu öffnen. Ein Hinweis, der den Drang auslöst, die Klinke nur halb zu drücken - nur um zu sehen, was dann passiert.
Gleich im Eingangsbereich wird man von einer Bohnerwachsschwade erfasst, die sich durch das gesamte Gebäude zieht. Der Geruch nach alten Büchern, alten Möbeln und alten Traditionen mischt sich darunter. Überhaupt ist so vieles was dort passiert Tradition. Es gibt Rituale, die heute noch genauso ausgeführt werden wie schon seit ewigen Zeiten. Selten wurde „Never change a running system“ so konsequent durchgezogen und es scheint zu funktionieren. Gemächlich natürlich, Eile ist in diesem Gebäude ein Fremdwort. Es gibt gleich am Eingang einen Aushang, der über die aktuellen Fälle Auskunft gibt, und wenn das wirklich alles ist, was an Brandaktuellem ansteht, ist klar, warum man es dort nicht eilig hat.
In den Fluren sieht man Menschen mit Aktenordner - immer nur die schwarzen, immer aus Karton, nie Plastik. Auf den Tischen in den Büros uralte Büroutensilien. Locher, die seltsame Löcher stanzen, Lineale, deren Skalen sich nur dem Wissenden erschließen, Schreibmaschinen - manche elektrisch, viele noch mechanisch. Das Holz an den Griffen der Stempel ist glatt und glänzt vom tausendfachen festem Anpacken, damit der Abdruck auf den Unterlagen auch schön sauber ist. Überhaupt ist es dort überall ordentlich. Die Stifte in den Büros liegen penibel ausgerichtet in Reih und Glied auf dem Schreibtisch, das Stempelkissen steht im exakten Winkel zur Tischkante, sogar die Kaffeeflecken auf der Kaffeetassenunterlage scheinen einer gewissen Ordnung zu folgen. Manche benutzen eine Untertasse, die meisten aber nicht. Ein kleiner Stilbruch. Eigentlich sollten alle eine Untertasse benutzen. Und ganz altes Porzellan.
Die Unterschrift ist schnell getätigt. Die Sucherei nach einem Parkplatz hat länger gedauert als die eigentliche Aktion. Mir fällt auf, dass das hölzerne Geländer auf der Treppe ins Erdgeschoss genauso glatt und glänzend ist wie die Griffe der Stempel in den Amtsstuben, per Hand poliert von tausenden von Menschen in vielen Jahren, einfach so nebenbei beim Treppensteigen.
Der Bohnerwachsgeruch bleibt auch nach Verlassen des Gebäudes noch kurz in der Nase, wird dann aber von der kalten Winterluft weggeblasen. Laut Parkschein könnte ich noch über eine Stunde bleiben. Ich gebe ihn einem älteren Mann, der gerade angekommen ist. Er freut sich über die gesparten 50 Cent und ich fahre nach Hause.
Gleich im Eingangsbereich wird man von einer Bohnerwachsschwade erfasst, die sich durch das gesamte Gebäude zieht. Der Geruch nach alten Büchern, alten Möbeln und alten Traditionen mischt sich darunter. Überhaupt ist so vieles was dort passiert Tradition. Es gibt Rituale, die heute noch genauso ausgeführt werden wie schon seit ewigen Zeiten. Selten wurde „Never change a running system“ so konsequent durchgezogen und es scheint zu funktionieren. Gemächlich natürlich, Eile ist in diesem Gebäude ein Fremdwort. Es gibt gleich am Eingang einen Aushang, der über die aktuellen Fälle Auskunft gibt, und wenn das wirklich alles ist, was an Brandaktuellem ansteht, ist klar, warum man es dort nicht eilig hat.
In den Fluren sieht man Menschen mit Aktenordner - immer nur die schwarzen, immer aus Karton, nie Plastik. Auf den Tischen in den Büros uralte Büroutensilien. Locher, die seltsame Löcher stanzen, Lineale, deren Skalen sich nur dem Wissenden erschließen, Schreibmaschinen - manche elektrisch, viele noch mechanisch. Das Holz an den Griffen der Stempel ist glatt und glänzt vom tausendfachen festem Anpacken, damit der Abdruck auf den Unterlagen auch schön sauber ist. Überhaupt ist es dort überall ordentlich. Die Stifte in den Büros liegen penibel ausgerichtet in Reih und Glied auf dem Schreibtisch, das Stempelkissen steht im exakten Winkel zur Tischkante, sogar die Kaffeeflecken auf der Kaffeetassenunterlage scheinen einer gewissen Ordnung zu folgen. Manche benutzen eine Untertasse, die meisten aber nicht. Ein kleiner Stilbruch. Eigentlich sollten alle eine Untertasse benutzen. Und ganz altes Porzellan.
Die Unterschrift ist schnell getätigt. Die Sucherei nach einem Parkplatz hat länger gedauert als die eigentliche Aktion. Mir fällt auf, dass das hölzerne Geländer auf der Treppe ins Erdgeschoss genauso glatt und glänzend ist wie die Griffe der Stempel in den Amtsstuben, per Hand poliert von tausenden von Menschen in vielen Jahren, einfach so nebenbei beim Treppensteigen.
Der Bohnerwachsgeruch bleibt auch nach Verlassen des Gebäudes noch kurz in der Nase, wird dann aber von der kalten Winterluft weggeblasen. Laut Parkschein könnte ich noch über eine Stunde bleiben. Ich gebe ihn einem älteren Mann, der gerade angekommen ist. Er freut sich über die gesparten 50 Cent und ich fahre nach Hause.
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