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Mittwoch, 11. September 2013
Roland war beim Frisör
Beim Frisör. Beide Stühle der Herrenecke sind belegt. Auf dem einen wird gerade ein etwa dreissigjähriger Türke gestylt. Auf dem Tisch vor ihm liegen zwei Smartphones, wobei keines des beiden klingelt oder vibriert in der ganzen Zeit. Ist wohl nicht so weit her mit der Wichtigkeit. Auf dem anderen Stuhl ein Mann Mitte/Ende Vierzig. Vom Typ her Kobold-Vertreter oder Beamter im gehobenen Dienst. Bundfaltenhose, ein modisch-grünes Hemd und natürlich Schnauzbart. Er unterhält sich angeregt mit der türkischen Frisörin, Anfang Zwanzig. Daneben ich, auf mein „Kommen Sie, bitte“ wartend. Ich lausche dem Gespräch des Kobold-Vertreters/Beamten. Er baggert. Schon nach zwei Minuten bietet er ihr das „Du“ an. Er heißt Roland. Ich beobachte Roland, beobachte seinen Umhang, aber noch zeichnet sich keine Errektion ab. Die Dame schneidet, rasiert und föhnt herum. Roland baggert weiter. Die Dame fragt ihn, ob sie ihm auch den Schnurrbart stutzen soll. Roland meint: „Entscheide Du“. Sie weiß auch nicht so recht, macht dann aber halt irgendwas. Roland ist begeistert. Ich warte auf den Moment, in dem er ihr den Hintern tätschelt. Tut er aber nicht und von Errektion ist auch noch nichts zu sehen. Also wahrscheinlich doch ein Beamter und kein Kobold-Vertreter. Roland bekommt noch den Nacken ausrasiert, die Augenbrauen in Form gebracht („So?“ „Das ist erste Sahne. Du machst das sehr gut!“) und ist überhaupt sehr glücklich diese Minuten auf dem Kunstlederstuhl verbringen zu dürfen. Doch irgendwann ist auch das größte Glück mal vorbei und Roland hat die Haare schön. Er bedankt sich („Du hast das super gemacht“), betrachtet sich im Spiegel und ist zufrieden. Er steht auf, begutachtet sich nochmal im Spiegel, die Bundfaltenhose wird zurechtgezupt, das Hemd sitzt und für einen kurzen Moment macht er ein Duck-Face in den Spiegel. Ein Auge kneift er dabei zu. Er bezahlt und gibt ein üppiges Trinkgeld. Roland ist glücklich, die Dame auch und ich letztlich auch, denn endlich bin ich dran. 9 Millimeter, der Rest Schere. Nein, keine Augenbrauen und per Du müssen wir auch nicht sein. Dreizehnachtzig. Machen Sie Fünfzehn. Vielen Dank. Auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal.
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