Dienstag, 4. Juni 2024
Heute gehts eigentlich

Nach einer gefühlten Ewigkeit wieder unterwegs ins Büro. Manchmal muss das sein, sagen sie und es stimmt: manchmal muss das wirklich sein. Wenn der Weg dahin nicht wäre. Immerhin kam der Zug pünktlich. Wir sind zwar im Süden, aber noch soweit südlich, dass die Hochwasser der Bahn hier einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Das heißt nicht, dass die Züge nicht doch immer wieder mal ausfallen, aber das liegt dann an fehlendem Personal oder einer ausgefallenen Leitstelle (wegen fehlendem Personal) und nicht an Hochwasser. Heute fährt der Zug aber und er war sogar zwei Minuten früher da. Der halbe Gleis hat die Köpfe verdreht auf der Suche nach der versteckten Kamera. War aber anscheinend nur ein Versehen und wird sicher nicht mehr vorkommen.
Die hübsche Frau ist auch wieder da. Schwarz ist eindeutig ihre Lieblingsfarbe. Zumindest heute. Ich erinnere mich auch an ein hellblaues Oberteil, aber auch da war der Rest schwarz. Der Rock, die Strümpfe, die glänzenden Lackschuhe, die Jacke. Heute ist es eine schwarze Hose, schwarze Sneakersocken und schwarze Halbschuhe (auch glänzend, aber es sind andere). Alles schwarz. Außer die Haare, die sind blond, glatt und lang und frisch gewaschen. Wenn man lange Haare wäscht, dauert es lange, bis sie richtig trocken sind. Ihre haben noch einen leicht feuchten Schimmer, aber das ist nicht schlimm: es ist nicht kalt. Außerdem habe ich gelesen, dass dieses Nasse Haare - Rausgehen - Krank gar nicht stimmt. Man wird von Bakterien und Viren krank, aber nasse Haare und damit rausgehen macht nichts. Trotzdem besser, dass es heute nicht so kalt ist. Sicher ist sicher.

Sie macht etwas auf ihrem Handy. Die meisten machen etwas auf ihrem Handy. Die anderen schlafen, lesen oder unterhalten sich. Nur wenige schauen aus dem Fenster und beobachten die Landschaft. Da der Zug aber immer die gleiche Strecke fährt, kennt man die Landschaft irgendwann und es wird langweilig. Ich mag das. Never change a running system, never change a good looking landschaft. Langeweile ist eh nicht so schlecht wie ihr Ruf. Es lebe die Langeweile.

Am Bahnhof wird die hübsche Frau nach rechts abbiegen, mein Weg führt nach links. Am späten Nachmittag wird man wieder aufeinander treffen. Auf dem Gleis, beim Warten auf den Zug nach Hause. Vielleicht sollte ich ihr gleich ein „Bis später“ zurufen, aber es das ist wahrscheinlich sehr cringe und ein Dienstag sollte nicht gleich am Morgen cringe anfangen. Also lieber nicht. Reicht ja auch, wenn ich nett lächle. Ist ja auch manchmal schon anstrengend genug. Wobei... heute gehts eigentlich.

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