Donnerstag, 31. Juli 2025
Fahrradfahren vs. Softwarebedienung als Urlaubsvertretung

Heute hat K. Geburtstag. Sie ist trotz freiem Tag schon wach; die Helikoptermutter kriegt man nicht mehr aus ihr raus, auch wenn die Kids schon keine Kids mehr sind. Später geht sie mit ihren Eltern frühstücken, schreibt sie. Ein gechillter Tag. Das freut mich. Sie soll einen schönen Tag haben und Stress macht sie sich die meiste Zeit selbst zur Genüge. Manchmal denke ich, dass sie das braucht, dass sie ohne einen gewissen Adrenalinpegel nicht überleben würde und deshalb sucht sie sich immer Aufreger. Die großen wie die kleinen. Nicht immer sind die Aufreger aufregenswürdig, aber ich rolle dann kurz mit den Augen, wenn sie davon schreibt, aber gönne ihr den erhöhten Puls. Manchmal schickt sie auch eine Sprachnachricht. Das sind dann die ganz besonderen Aufreger. Oder weil sie keine Lust zu tippen hat. Vielleicht möchte sie auch, dass ich mal wieder ihre Stimme höre. Ich antworte trotzdem immer schriftlich. Nicht mal sie schafft es, mich von Sprachnachrichten zu überzeugen.
Gesehen haben wir uns schon seit Jahren nicht mehr. Das letzte Mal war hier bei mir, glaube ich. Danach passierte viel. Mein neuer (alter) Job, Corona, ihre Hochzeit. Irgendwas ist ja immer. WhatsApp hält den Kontakt aber aufrecht. In Wort und Ton. Moderne Zeiten. Happy Birthday, K.

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Das klingt jetzt ein bisschen melancholisch und vielleicht stimmt das sogar, aber melancholisch ist wahrscheinlich zu schwach. Depressiv klingt aber gleich so dramatisch, nach krank und alles so richtig furchtbar und so. Das ist es auch nicht. Es ist dazwischen. Delancholisch oder mepressiv. Dazwischen ist aber auch kein schöner Zustand.

Es kündigte sich schon die letzten Wochen an und es pendelt immer mehr in die falsche Richtung. Melancholisch darf man schon mal sein. Wenn ein Song kommt, denn man mit einem sentimentalen Moment verbindet, wenn alles ein bisschen unrund läuft, wenn es knirscht. Aber das kann auch abdriften und das ist nicht gut. Also aufpassen. Und gegensteuern. Nur... wie ging das nochmal? Man verlernt das und es scheint nicht wie Fahrradfahren zu sein, was man nie verlernt. Was auch nach Jahren ohne Fahrpraxis noch funktioniert, ruckelig am Anfang, aber das Grundsätzliche ist noch da und es tut. Man kommt vom Fleck, es geht nach vorne und auch Kurven sind kein Problem. Und schon bald ist da wieder die alte Sicherheit. So ist das beim Fahrradfahren. Mit der Delancholie/Mepression ist das nicht so. Das scheint man tatsächlich zu verlernen. Wie eine Software, die nicht benutzerfreundlich programmiert ist und die man nur alle halbe Jahre mal benutzt. Als Urlaubsvertretung. Oder weil die Person, die das normalerweise macht längere Zeit krank ist. Oder gekündigt hat. Oder wurde. Jedenfalls klickt man sich durch die Eingabemasken und -felder, aber ob das alles so richtig ist, ob das Sinn macht, das weiß man nicht. Dann kommen Fehlermeldungen, aber man hat keine Ahnung, was die bedeuten, geschweige denn, was man falsch gemacht haben könnte und deshalb kann man es auch nicht richten, weil man ja nicht weiß, was zu richten wäre. Es ist alles nicht schön, nichts funktioniert, man ist genervt, gefrustet und irgendwann auch sauer auf sich, weil man so doof ist. Andere können das ja auch. Die halbe Welt benutzt diese Scheisssoftware und nur man selbst istzu blöd, sie zu bedienen. Dann sucht man jemanden, der einem hilft und dann ist es doch ein bisschen wie bei einer Delancholie/Mepression. Da muss man auch irgendwann einsehen, dass man alles vergessen hat und nach Hilfe fragen.

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Urlaub wäre auch eine gute Idee. Der nächste ist aber erst Ende Oktober abgedacht. Das ist zu weit weg.

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