referral - 2025er Edition

Will gar nicht wissen, wie die Wohnung an sich aussieht. Die Dame war schon ziemlich jenseits von Gut und Böse. Geistig.

Krass. Sie hat sich abgeschirmt gegen die Wellen. Da kenn ich mich aus ;-)

Sie hatte allerdings seit Jahren keine sozialen Kontakte mehr. Sie war eigentlich nur noch in der Wohnung und ging nicht mehr nach draußen. Was genau da alles ablief weiß niemand.

Oh je oh je. Die Arme :-( Wie alt war sie denn?

Ende Fünfzig.

Das ist doch noch kein Alter.

Aber hey, hätte bei meiner Ex auch darauf hinauslaufen können in all den Jahren, als sie sich total verbarrikadiert hatte.

Nein, ein Alter ist das nicht. Wobei es die letzten zehn(?) Jahre auch kein Leben mehr war.

nach normalen Maßstäben wohl nicht. Meine Ex hat das fünf Jahre mit einer unbehandelten Depression durchgehalten, dazu zwischenzeitliche Paras und vielleicht auch leicht schizoide Vorstellungen manchmal, da waren sich die Gelehrten hinterher nicht so sicher.

Man muss sagen, die Zwangseinweisung war das einzig richtige und die dramatische Wende zum Besseren. Im Fall Ihrer Tante hat man davon womöglich Abstand genommen, weil kein akutes Selbstgefährdungspotenzial erkennbar war? Oder hats einfach irgendwann keinen mehr interessiert?

Es gab wohl kein Selbstgefährdungspotential. Zumindest keines, dass eine Zwangseinweisung gerechtfertigt hätte (juristisch gesehen). Und dann war sie alleine und ja: da hats anscheinend keinen mehr interessiert und die, die es zu Anfang noch interessiert hat, ließ sie nicht zu sich.

Ich will auch gar nicht zynisch klingen, wenn ich sage, dass ich es eigentlich beruhigend finde, dass die Behörden nicht so schnell bei der Hand sind damit, Personen auch gegen deren Willen und unter der Missachtung von Grundrechten zwangseinzuweisen.

Stimmt, das geht mir genauso.

Jeder ist seines Glückes Schmied, aber diese Frau hat schon lange kein Feuer mehr gesehen, geschweige denn irgendwas zu schmieden gehabt. Vielleicht wäre es besser gewesen, man hätte ihr wenigstens den Weg dahin gezeigt. Ging aber nicht.

Diese Sicht ist nicht unbedingt der Standard-Modus bei Menschen, die über Angehörige in die Thematik involviert sind. Bei vielen überlagert das "aber man muss doch was tun" weitergehende Betrachtungen jenseits der unmittelbaren Betroffenenperspektive und dem verständlichen Wunsch, es möge etwas geschehen, das Bewegung in die festgefahrene Situation bringt.

Aber es ist halt immer eine Gratwanderung: Wieviel Zwang hätte man in Kauf nehmen müssen, um auch nur versuchen zu können, der Frau klarzumachen, dass es Wege zurück zum Feuer gibt?

Ich selber habe mich damals bei ersten Anhörung in Bezug auf meine Ex noch gegen Zwangsmaßnahmen ausgesprochen - der Deal war, wenn sie den Hintern hochkriegt und zu dieser Vorladung zwecks Anhörung hingeht (was bis zuletzt ziemlich fraglich war), würde ich als ebenfalls Vorgeladener in diesem Sinne für sie aussagen. Aus dem Vorgespräch mit einem städtischen Sozialarbeiter, der das Sozialgutachten für dieses Verfahren schreiben sollte, wusste ich ja, dass allein schon ihr Erscheinen schon Bonuspunkte geben würde in dem Sinne, dass es ja zeigt, dass sie ihre Angelegenheiten selber regeln kann. Und das war ja (wenn auch mit Abstrichen) zumindest im Sinne des Verfahrens der Fall.

Soweit kam es hier gar nicht. Jeder darf (meistens Gott sei Dank, in dem Fall nicht) so durchgeknallt sein wie er/sie mag. Also passierte nichts. Und im Laufe der Zeit wurde es halt anscheinend immer schlimmer, aber es war niemand mehr da, der das bemerkte.