Dienstag, 12. Juni 2012
The office

Im neuen Büro sitzen alle am Fenster. So toll ist das gar nicht. Morgens blendet die Sonne von vorne, nachmittags scheint sie von hinten auf den Bildschirm. Die einzige, wirklich ergonomisch sinnvolle Phase wäre während der Mittagspause.
Meine Blickrichtung weist zu den Hochhäusern in der Ferne und dem seltsamen Betriebshof direkt nebenan, wo nie jemand ist, dafür diverse alte Autos, Anhänger, Baumaterialien, ein Holzhaus, ein paar Bierbänke, eine bodenseegroße Pfütze, Kabelrollen, sowie Sand und Dreck in verschiedensten Farbnuancen zu finden ist. Das ist zu Anfang ganz interessant, wenn man zwischendurch erkundet, was da alles rumsteht und immer wieder neue Details entdeckt, aber es wird schnell langweilig, weil sich nichts, aber auch gar nichts ändert. Wie auch, wenn nie jemand da ist.

Dank neuem Büro gibt es nun wieder Zugang zu Kaffee, der ist aber der bei weitem schlechteste, denn ich in der Fabrik bisher getrunken habe. Wäre da nicht der schwarze Satz am Boden, hätte ich sogar behauptet, dass das gar kein Kaffee ist. Der Snackautomat ist außer Betrieb und wird wohl auch nie wieder zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für die diversen Wassersprudler. Trotzdem befülle ich dort brav meine Wasserflasche, selbst mit dem Wissen, dass es weitaus schneller ginge, wenn ich das Wasser direkt aus dem Wasserhahn näme. Bei gleicher Qualität, denn sowohl Wasserhahn, wie auch Sprudler beziehen das feuchte Nass aus derselben Quelle. Aber ganz unnütz soll das Ding ja auch nicht rumstehen, also darf es mir unter sanftem Brummen langsam, aber stetig die Flasche füllen. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und zum psychischen Wohl der Maschine. Sie soll denken, dass sie noch gebraucht wird.

Es gibt auch einen Raucherraum. Der hat aber einen gewaltigen Nachteil: dort trifft man immer die Kollegen aus der IT. Die Gespräche sind entsprechend nerdig, aber weniger auf Star Trek/Star Wars/iPhone/Gadget- sondern mehr auf Netzwerktechnik/Microsoft-Level und das macht auf Dauer keinen Spaß. Außerdem sind unsere IT'ler dermaßen auf Betriebsratslevel, dass man froh sein muss, wenn man um kurz vor Fünf noch jemanden dort erreicht. Gemacht wird aber dann nichts mehr, weil "in zehn Minuten ist Feierabend!". Das ist ja grundsätzlich ok, aber es sollte Ausnahmen geben; gibts dort aber nicht. Sie sind nicht einfach die Jungs und deshalb muss ich nicht auch noch im Raucherraum Zeit mit ihnen verbringen. Das neue Büro ist aber auch noch in akzeptabler Nähe zum anderen Raucherraum. Da ist der Kaffee sogar einigermaßen akzeptabel.

Im neuen Büro können mir auch ein paar Leute auf den Bildschirm starren. Also nichts mehr mit PornosFacebook- und/oder Twitterorgien während der Arbeitszeit und auch der gelegentliche Blick in diverse Nachrichtenportale ist eher schwierig. Nur Heise geht ab und an, das kann man verargumentieren.

Einen gewaltigen Vorteil hat das Büro: Cheffe sitzt nicht mit drin! Das ist das Killerargument überhaupt und deshalb ist das ein ganz ganz tolles Büro. Es ist nicht das Megalomaniac-Hyperbüro, aber so eins habe ich auch erst einmal gesehen. Allein der Konferenzraum dort hatte Wellness-Hotel-Charakter - Basisentspannung inklusive. Aber da man nicht alles haben kann, bin ich ganz zufrieden.

... comment