Sonntag, 10. August 2025
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Die große Katze ist müde. Sie hat sich den ganzen Tag nicht blicken lassen, was ungewöhnlich ist, aber es kommt schon mal vor. Katzen führen ihr eigenes Leben und manchmal geht das verschlungene Wege. Und am heutigen Tag führte dieser Weg eben auf anderen Pfaden. Sie kennt ihre Gegend, die Gegend kennt sie, alles gut.
Am späten Nachmittag dann Geräusche aus dem Keller. Die große Katze liegt in einer alten Katzentoilette, in der Plastikschüssel und möchte da raus, schafft es aber nicht. Die Schüssel ist nicht tief, sie braucht nur einen Schritt drüber zu machen und das wars. Aber sie macht es nicht. Sie schaut sich um, verwirrt, als wüsste sie nicht, wie sie dahin gekommen ist, wo sie jetzt ist und als hätte sie keine Ahnung, wo das ist, wo sie gerade ist.

Ich zwänge mich unter die Treppe und nehme sie raus. Sie mag es nicht, wenn sie hochgenommen wird, aber da lässt sie es über sich ergehen. Keine Gegenwehr. Ich trage sie hoch und setze sie ab. Sie geht los Richtung Terrassentür. Keine Auffälligkeiten beim Laufen. Sie scheint keine Schmerzen zu haben, sie humpelt und sie schwankt nicht. Sie möchte aber unbedingt raus und ich bin ihr zu langsam, also zwängt sie sich durch die Katzenklappe. Auch das klappt ohne Probleme.

Draußen legt sie sich auf die Fliesen. Auch das ist nicht ungewöhnlich. Beide Katzis liegen da öfter. Anders als sonst, lässt sie sich aber ohne zu meckern streicheln und bleibt dabei liegen. Sonst lässt sie immer Vorsicht walten, geht auf Nummer Sicher, sieht zu, dass sie jederzeit schnell abhauen könnte, sollte ich auf die Idee kommen, ihr an den Pelz zu wollen. Heute nicht.

Ich würde ihr tatsächlich gerne an den Pelz, denn das ist ein einziger knubbeliger Fellknoten, der dringend weg muss. Aber nicht heute. Heute möchte ich sie nicht stressen. Ich muss kurz weg, vierzig Minuten maximal, aber ich gehe mit ungutem Gefühl. Es gefällt mir nicht, sie gefällt mir nicht. Als ich zurückkomme, liegt sie unter "ihrem" Busch. Da liegt sie oft, es ist schattig und man kann dort gut chillen. Sie verschläft oft halbe Tage unter diesem Busch. Sie schläft auch, als ich nach ihr schaue. Sie wirkt müde, aber das ist ja oft bei Katzen. Wie oft bin ich neidisch, wenn ich eine der beiden oder gleich beide zusammen dösend irgendwo liegen sehe. Die Ruhe, die sie dabei ausstrahlen, macht auch mich ruhig. Aber heute mache ich mir Sorgen.

Sie liegt immer noch da, seit vier Stunden nun. Es sieht nicht so aus, als wolle sie demnächst aufstehen, also lasse ich sie in Ruhe. Sie schläft und wirkt völlig entspannt. Weiterhin keine Schmerzen, nichts Auffälliges, alles wie die letzten Tage, Wochen und Monate davor auch. Nur, dass ihre Schwester, die kleine Katze mehr in ihrer Nähe ist, scheint mir ungewöhnlich. Aber vielleicht rede ich mir das auch nur ein. Vielleicht mache ich mir völlig umsonst Sorgen. Das wäre mir am liebsten. Die schönsten Sorgen sind die, die man sich völlig umsonst gemacht hat.

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