Sonntag, 5. Mai 2024
Informationsbroschüre für Besucher

Es gibt eine Broschüre für Besucher. Darin werden die Räumlichkeiten erklärt, wer dort wie und was arbeitet, welche Maschinen zum Einsatz kommen (können), wie die Abläufe im Allgemeinen und manchmal auch im speziellen sind und so weiter. Man versucht die Besucher einigermaßen darauf vorzubereiten, was sie erwarten könnte. Es ist hübsch gemacht, aber auch offensichtlich ein Versuch, die Leute ein bisschen zu sensibilisieren, dass es vielleicht auch unschön werden könnte. So ein bisschen wie die Einblendungen bei Sendungen, die „Für Zuschauer unter 16 Jahren nicht geeignet“ sind. Wer sich also noch nicht dafür bereit fühlt, was da gleich kommt, lässt es besser bleiben.
Ich weiß nicht, ob ich mich bereit fühle, es wird mein erster Besuch auf einer Intensivstation, aber tatsächlich hat mich diese Broschüre ein bisschen beruhigt. Es schwingt ein „bei all dem Drama, was sie vielleicht sehen werden: wir wissen was wir tun und geben unser Bestes“ mit und das zu lesen legt eine zwar dünne, aber trotzdem ein kleines bisschen wärmende Decke über alles. Es ist noch nicht wohlig warm - natürlich nicht - aber auch nicht mehr fröstelig kalt. Und alles andere wird sich dann zeigen.

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 4. Mai 2024
Bloggen von Stationen - Teil III

Die Frau ist zu Besuch. Man redet über die Kühe, welche Kuh hat gekalbt, bei welcher wurde die Nachgeburt gezogenn, welche Kuh hat welche Medikamente bekommen. Die Kühe haben keine Namen, sondern sind durchnummeriert. Wie Nummer 5, der noch lebt oder Nummer 6, der entführt wird und sich auf einer seltsamen Insel wiederfindet. Die Kühe stehen im Stall und geben Milch oder gebären Kälber. Und haben keine Namen, sondern Nummern. Die Kühe, um die es geht, sind dreistellig. Irgendwas mit Dreihundert. Eine davon wurde zu dritt wieder „nach oben geschoben“. Ich verstehe das alles nicht. Obwohl dem Gespräch eigentlich gut zu folgen ist. Es geht um das, was am heutigen Tag passiert ist. Das ist in einem Krankenhaus nicht viel. Also redet der Mann davon, dass er den Fernseher am Mittag an hatte, das der Tropf am Mittag viel langsamer lief als der am Morgen, welche Tabletten es gab und dann erzählt er von dem Youtube-Videos über Vögel, das er angeschaut hat, welche Vögel einen roten Kopf haben und ach ja, das lustige Video, wo ein Hund sich um ein paar Enten kümmert. Voll süß sei das und die Frau stimmt ihm zu. Dann erzählt er von dem Mittagessen und dem Wackelpudding, den es da gab. Solche Dinge erzählt er. Seinen Stuhlgang erwähnt er nicht, davon erfahren nur die Krankenpflegerinnen. Aber die fragen auch explizit, das braucht es eine Antwort. Ein simples Ja reicht. Wenn zu oft ein Nein kommt, werden sie hellhörig. Er sagt immer Ja, aber seiner Frau erzählt er das nicht. Und sie fragt auch nicht. Wäre auch komisch. Andererseits hat sie sich das Ohr zeigen lassen und auch geprüft, wie sich das entwickelt. Nicht so gut, meint sie. Und wie das denn hat sein können, dass es von jetzt auf nachher wieder so schlimm wurde. Aber das weiß nicht mal die Frau Professor und die sollte es ja wohl wissen. Manchmal passieren solche Dinge eben, meinte sie und hat wahrscheinlich völlig recht damit. Manchmal passieren solche Sachen.

---

Drei Wochen soll ich pausieren. Und dann wird auch erstmal geschaut. Das sagte die Frau Professor zu mir. Später fragte ich eine Ärztin, die mir den Verband wechselte nochmal, wie das so sei, mit gechilltem Laufen und so. Wenn es nicht so anstrengend sei, wäre das schon okay. Aber wie definiert man anstrengend? An manchen Tagen fällt der Weg ins Büro schwer... ist das dann anstrengend und sollte ich das dann auch bleiben lassen? Für eine Woche wird das sicher der Fall sein. So lange bin ich noch krank gemeldet. Das trifft die Fabrik nicht so hart: am Donnerstag ist Feiertag und am Freitag habe ich eh frei. Sind also nur drei Tage, die ich wegen Vermeidung von Anstrengung ausfallen lassen muss. Stattdessen werde ich ein paar Bank- und stromwechselbedingte Dinge erledigen müssen. Ist sicher auch anstrengend, aber da komme ich nicht drum herum. Muss nur aufpassen, dass mein Puls nicht zu hoch geht und der Blutdruck auch unten bleibt. Vielleicht ist das die Definition von Anstrengung: wenn Puls und Blutdruck hochgehen. Das gilt an manchen Tagen auch bei der Arbeit - das ist dann also auf jeden Fall auch anstrengend.
Beim Joggen habe ich eine Sportuhr an. Die sagt mir, wie der Puls ist und je nachdem, wie der Bildschirm eingerichtet ist, zeigt sie mir auch, wie angestrengt ich bin. Daran könnte ich mich orientieren. Ich muss es so versuchen, weil ich ohne Entfrustungsläufe wahrscheinlich mittelfristig einen dauerhaften hohen Puls und Blutdruck hätte und dann würde auch kein Lauf mehr beim Entfrusten helfen, dann wäre das Limit zu hoch und das wäre nicht gut. Dann lieber langsam und genügsam, aber wenigstens ein bisschen entfrusten. Das hilft doch sicher auch bei der Rekonvaleszenz. Ganz bestimmt.

---

Snickers fehlt hier völlig. Was soll das mit Wackelpudding? Okay, Snickers wäre vielleicht gefährlich wegen etwaigen Erdnussallergikern und wenn man vor kurzem noch intubiert war, kratzt das sicher auch im Hals. Aber Milky Way. Das würde doch gehen. Aber Wackelpudding?

---

Heute verlasse ich diese Hallen, so der Plan. Es gibt nichts, was dagegen spricht, also wird das wohl klappen.

--- Bloggen von der Station ENDE ---

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 3. Mai 2024
Geplant waren zehn Tage

Während ich nach zwei Tagen wieder in die Freiheit entlassen werde, liegt zehn Kilometer Luftlinie eine Person bald die vierte Woche in der Klinik. Geplant waren zehn Tage. Am Anfang lief alles gut, sah prächtig aus, natürlich ziepte und schmerzte und suppte es, aber das war klar. Nach diesem Eingriff. Die OP dauerte dreieinhalb Stunden, aber schon da ein Lichtblick: eine halbe Stunde weniger als angesetzt. Dass es dann zwei Tage in der Wachstation wurden war schon nicht mehr so ideal, aber auch das schien sich gut zu machen. Der erste Tag auf der „normalen“ Station war entsprechend von Optimismus geprägt und dem Gedanken, dass es ein Volltreffer mit den geplanten zehn Tagen werden wird. Dann hörte aber das von bösem Material befreite Organ nicht auf Sekret in den Bauchraum abzusondern. Auch als medizinischer Laie ist einem klar, dass das nicht gut ist. Um das Sekret loszuwerden, wird gespült. Das ist genau das, wonach es klingt: es kommt sehr viel Flüssigkeit in den Körper und spült dadurch das Sekret in am Körper befestigte Beutel. Somit sieht man, was Sache ist. So lange die Flüssigkeit im Beutel wie Ingwertee aussieht, ist das nicht gut. Und es wird weitergespült. Das ist anstrengend. Nochmal mehr für einen ohnehin geschwächten Körper. Sei es deshalb oder warum auch immer kam noch eine Entzündung dazu. Über das warum rätseln auch noch die Mediziner. Aber auch hier weiß der Laie: Entzündung ist nie gut. Sagen auch die Mediziner, weshalb neben austretendem Sekret auch noch die Entzündung bekämpft werden muss. Das ist nochmal anstrengender. Mittlerweile sind die zehn Tage auch längst vorbei. Anfang der Woche war die Entzündung im Griff. Ein weiter Weg. Und anstrengend. Aber geschafft. Ein Lichtblick am Horizont; Entlassung eventuell Anfang kommender Woche. Das wäre dann Woche vier.

Gestern dann die Nachricht, dass die Entzündung wieder da ist. Diesmal heißt es zurück auf die Wachstation. Auch heute morgen noch. Am frühen Nachmittag wird eine Drainage gelegt. Wahrscheinlich bedeutet das weiterhin Wachstation. Wie lange wird man sehen. Die Entzündung war jetzt ein paar Schritte rückwärts. Der nächste Schritt ist dann erst mal wieder „normale“ Station. Und dann irgendwann doch noch Raus aus der Klinik. Bis dahin ist es weiterhin anstrengend. In vielen Belangen.

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment


Bloggen von Station - Teil II

Tag 1 nach der OP. Lief wohl gut, aber wer weiß das schon, so dick wie das alles eingepackt ist. Ab und an suppte es gestern noch - ich kann also mit Fug und Recht, dass ich aus dem Ohr blutete und das, obwohl mich niemand zutextete. Heute suppt es nicht mehr, wobei jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt dafür wäre. Der Zimmergenosse konsumiert gerade irgendwelche Hetzmedien-Videos auf dem Handy, bei denen es übergreifend um die schlechte Politik der Ampel und der Untergang Deutschlands im Allgemeinen und die bösen Grünen und da an zuvorderst Ricarda Lang. Mein Ohr hat aber das Bluten eingestellt und das ist mir eigentlich auch lieber. Tatsächlich höre ich im wörtlichen Sinne nur mit einem Ohr zu, denn das andere ist noch vollgepackt mit medizinischem Verpackungsmaterial (das da auch noch eine Weile bleiben wird) und ich habe keinerlei Lust, den Mann vor dem Blödsinn zu retten. Würde auch nicht funktionieren, also vergebene Liebesmüh und solange ich nicht in Diskussionen reingezogen werde, kann ich damit auch leben. Und eins hat Ricarda Lang ihm voraus: sie hat keine eitrigen, entzündeten Ohren, die ständig aufgeschnitten werden und dann herumtriefen. Kommt vielleicht vom Hören dieses Schwachsinns. Aber egal. Die Welt rette ich, wenn ich wieder komplett auf den Beinen bin.

Raus komme ich wohl morgen schon, aber das ist noch zu früh für Heldentum. Die nächsten drei Wochen ist Sport nur eingeschränkt möglich. Marathon darf ich zum Beispiel keinen Laufen. Hatte ich auch nicht vor, aber zur Sicherheit habe ich mal nachgefragt. Kennt man ja, dass man versehentlich einen Marathon läuft und sich hinterher denkt: Ooops, hätte ich das überhaupt gedurft? Darf ich nicht, also lasse ich das. Aber den einen oder anderen gechillten Minilauf würde ich ja schon gerne... ach, mal schauen. Heute mittag ist Visite der Stationsärztin; die kann mir sicher genaueres sagen. Auch, wie die OP nun genau lief. Ich war zwar dabei, aber nicht so wirklich wach. Gott sei Dank! Im Narkoseraum habe ich auch die Geschichte von dem Arzt auf der Antarktisstation erzählt, dessen Blinddarm sich entzündete, der sich mangels Alternativen selbst operierte. Wäre nichts für mich. Bei ihm hat es aber geklappt; er hat überlebt. Hörtest hatte ich auch, aber nur via Knochenschall. Klar, der Gehörgang ist ja noch zu. Lief ganz okay, denke ich, aber auch hier werde ich näheres erst am Mittag wissen. Ansonsten wird das wohl ein fauler Tag. Quasi wie Brückentag - passend zum langen Wochenende nach dem ersten Mai. Bei mir halt via Krankmeldung und ohne Urlaub nehmen. Letzteres wäre mir trotzdem lieber gewesen.

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 2. Mai 2024
Bloggen von Station

Check in um 7.30 Uhr. Da man die Situation auf den Straßen nie richtig einschätzen kann, schon um 7 Uhr dort gewesen. Noch ein paar Mal wie eine scheue Katze ums Ziel geschlichen, dann schließlich doch hoch zur Anmeldung. Die ging zügig vonstatten; man kennt sich ja von den Voruntersuchungen. Dann hieß es warten. Von zwei Stunden bis OP Beginn war schon bei der telefonischen Terminbestätigung die Rede. Tatsächlich wurde es noch etwas später. Das letzte Mal bewusst auf die Uhr habe ich bei der Narkosevorbereitung geschaut: 10.50 Uhr.
Es sind sehr viele junge Leute da zugange. Auch sehr viele Auszubildende (nennt man das im medizinischen Bereich so). Finde ich ja toll, wenn sich junge Menschen für den Job finden lassen. Der Ton war allerdings teilweise schon ein bisschen rauh. Naja, was man halt so raushört, wenn man nervös ist wie ein Teenie vor dem ersten Daten. Ein junger Mann legte mir den Zugang und klar: das dauerte etwas, weil er das ja nun mal gerade erst lernt. Allerdings ist es trotzdem ein seltsames Gefühl: jemand übt an DEINEM Körper. Es klappte aber doch ganz gut, die Gespräche mit den Anwesenden waren witzig (Medizinerhumor ist großartig). Später kam eine Dame aus einem anderen Team und richtete schon mal die Ladung für meinen Abschuss (80mg? Kann das sein? Und wie ist da der Straßenpreis? Das Zeug kann echt was!), während den Auszubildenden von einer anderen Person die Schränke und deren Inhalt erläutert wurde. Ein schöner Satz, den man zwar vielleicht nicht in dieser Situation hören möchte (auch nicht nur lauschenderweise), der aber dennoch wunderbar ist: „Und hier Propofol. Genug um den Patienten umzubringen.“ Ich war nicht gemeint, es ging um „den Patienten“ im Allgemeinen und es war eine Beschwerde, weil man soviel Propofol gar nicht in dem einen Raum bräuchte.
Irgendwann kam ein Narkosearzt, fragte mich wieder nach vollständigem Namen, weshalb ich da sei, Größe und Gewicht und ich möge doch bitte die Monate rückwärts aufzählen. Das mit dem Hinweis, dass man mich das nochmal fragen würde, wenn ich wieder wach sei. Was gut klang, denn es bedeutete, man ging davon aus, dass ich wieder aufwachte. Kleiner Spoiler: hat geklappt. Dann kam schon die Maske - mit Sauerstoff (darauf wurde explizit hingewiesen), dann tief ein- und wieder ausatmen, dann hieß es Tschüss und ich war weg.

Und um kurz nach 13 Uhr wieder da. Lief alles gut, Kochsalzlösung gabs in den Zugang, Paracetamol auch, Wasser aus dem Becher in den Hals. Und so kurz vor 14 Uhr ab auf die Station. Tropf mit Kochsalz war dann bald weg, Paracetamol gibt es nun als Tablette, aber es geht eigentlich ganz gut. Erträgliche Schmerzen, würde ich sagen. Wir sind zu zweit auf dem Zimmer, der Mitpatient ist nett. Mit Essen musste ich bis 18 Uhr warten und ehrlich: das Warten hat sich nur bedingt gelohnt. Egal, Hunger war da. Kreislauf ist auch okay, Aufstehen klappt. Als das ohne Probleme ging, war das erste, dieses komische Netzhöschen loszuwerden. Und bald danach das Flügelhemd. Jetzt liege ich hier rum wie ein normaler Mensch nach Feierabend. Und hoffe, dass Schlafen heute nacht funktioniert. Bin aber guter Dinge.

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 1. Mai 2024
Der Mai ist gekommen

Alles neu macht der Mai. Na dann schauen wir mal, was da so kommt. Viel erwarte ich nicht; ich wüsste nichts, das etwas ansteht. Das mit dem Jackpot beim Lotto war im April. Und hat nicht geklappt.

---

Überall um mich herum kaufen die Leute E-Bikes. Da werde ich ein bisschen neidisch und vor allem wird es immer schwerer da auf langen oder steilen Strecken noch mitzuhalten. Man wird ja nicht jünger; da hält der körpereigene Akku nicht mehr so lange und auf Hochleistung war er eh noch nie getrimmt. Also informiere ich mich so ein bisschen halbherzig, was auf dem E-Bike Markt so los ist. Finanziell würde ich aktuell ins Elektro-Game einsteigen können, aber der Platz für ein weiteres Rad ist knapp. Nicht wirklich knapp; er ist eigentlich nicht vorhanden. Es gibt Fahrradboxen, die man im Garten aufstellen kann, aber die Dinger sind oft so groß, dass dann kein Garten mehr vorhanden ist. Und es braucht ein Fundament. Das artet alles ein bisschen aus; es sollen keine Hoch-/Tiefbauarbeiten stattfinden, sondern nur ein einigermaßen geschützte Ecke für die Räder da sein. Mit geschützt ist sowohl Wind und Wetter wie auch Diebstahl gemeint. Ideal wäre noch eine Steckdose, aber ansonsten könnte man den Akku auch ausbauen und drinnen laden.
So lange diese Sache nicht geklärt ist, macht es auch keinen Sinn, sich so ein Rad zu besorgen. Wenn es auf der Straße steht, stehen die Chancen nicht gut, dass es lange da steht. Und im Regen sollte es ja auch nicht die ganze Zeit sein. Oder in der prallen Sonne. Oder überhaupt draußen. Das arme Ding. Da kommt es aus der trockenen Halle beim Fahrradhändler, um anschließend im strömenden Regen und bei sengender Hitze am schwachen Akku zu saugen, der auch viel zu selten aufgeladen wird.

referral   ... link (0 Kommentare)   ... comment