Donnerstag, 4. August 2016
Weitermachen wie gehabt

Die beschissene Gutmütigkeit sollte man mir so langsam mal austreiben. Ich bin da aber auch nicht lernfähig und weitestgehend beratungsresistent. Nun denn, manchmal macht es ja auch bei mir Klick - so zB. heute und somit habe ich heute Dinge erledigt, die ich schon vor Tagen erledigen wollte, meiner dämlichen Gutmütigkeit sei Dank aber nicht erledigt habe. Jetzt dann aber. Muss diese Haltung idealerweise noch die nächsten zwei, drei Stunden durchhalten, dann habe ich es überstanden.

Im übrigen bin ich eine elende Dramaqueen. Es ist so übel, dass es mir selbst schon auffällt. Ich habe ja früher schon gerne mal ausgiebig in Selbstmitleid gebadet, aber diesmal ertappe ich mich dabei und haue mir dann innerlich auf die Finger (das muss man auch erstmal schaffen. So rein aus anatomischer Sicht), weil es - wenn man mal ehrlich ist - gar nicht so viel zu jammern gibt. Ich bin mir sogar sehr sicher, dass ich in ein, zwei Monaten herzhaft über mein heutiges Gejammer lachen werden. Tatsächlich bin ich nämlich, und ich rede mir ein, dass ich mir das nicht nur einrede, auf einem ziemlich guten Weg. Also so ziemlich ziemlich gut. Klar wird es da noch ein paar steile Kurven, fiese Anstiege und Schotter geben, aber wann hat man schon eine frisch betonierte, dreispurige Straße vor sich. Und wenn ist man dann in einer 70 PS-Möhre unterwegs.

Was bleibt also zu tun? Eigentlich nur weitermachen wie gehabt und ein, zwei Monate abwarten. Des Lachens wegen.

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Donnerstag, 28. Juli 2016
Auf dem Weg der Besserung

Wie der Typ Arzt wurde, ist mir nicht ganz klar, aber er ist einer. Laut Website ist der Titel auch rechtmäßig erworben und zwar durch Studium und ärztliche Tätigkeit und nicht durch Überweisung an irgendeine obskure südamerikanische Pseudouniversität.
Mit seinem leicht schelmischen Blick und dem immer dezent anzüglichen Lächeln, wirkt er wie ein schwuler Dandy, der beim morgendlichen Zähneputzen schon mit Whiskey gurgelt und sich tagsüber auf dem Weg von Behandlungszimmer zu Behandlungszimmer immer mal wieder einen Schluck aus dem Flachmann gönnt. Dabei tänzelt er durch die Flure, als wäre er voller Vorfreude auf dem Weg zu einem Rendezvous sexueller Natur.
Seine Händedruck ist sanft, um nicht zu sagen lasch. Das gilt für alles, was er mit den Händen macht. Vorsichtig drückt er den Fingerspitzen an der Kniescheibe herum (wider Erwarten spreizt er dabei aber nicht den kleinen Finger ab) - es ist eigentlich kein Druck sondern eher ein Hauch von Berührung. Trotzdem kommt seine Diagnose sofort, aber er scheint sich selbst nicht so recht zu trauen und fordert eine weitere Untersuchung an. Diese wird seinen Befund bestätigen.

6 Wochen später. Alles ist viel besser. Die Schmerzen sind bei den normalen Bewegungen weg, bei Drehungen ist noch Vorsicht geboten. Verbotenerweise habe ich mit Sport begonnen. Ganz vorsichtig. In Zeiten wie diesen ist das bitter nötig, sonst zerbricht neben dem Knie noch viel mehr und weitaus Fragileres. Er schimpft nicht, als ich ihm von meinen Ausflügen mit dem Fahrrad erzähle. Im Gegenteil: er findet das gut. Für alles sonstige soll ich weiterhin die stützenden Schienen anziehen, was ich ohnehin tue. Sie mögen keine wirkliche Hilfe sein, aber der Plazeboeffekt ist enorm. Außerdem kann man damit gut Mitleid schinden (als ob das in diesen Zeiten noch notwenig wäre). In zwei bis drei Wochen soll ich mich nochmal zur Kontrolluntersuchung in eine Röhre begeben, aber nur „damit wir zwei Klarheit haben, dass alles tatsächlich ok ist, obwohl wir ja wissen, dass es so ist.“. Dabei tätschelt er meine Hand, steht dann auf und gibt mir mit schelmischem Blick und anzüglichen Lächeln lasch und kraftlos die Hand und geht aus dem Zimmer.

Warum ich das alles erzähle? Nun, es ist nicht wirklich wichtig und spannend ist es wahrscheinlich erst recht nicht, aber das Ganze lenkte immerhin inklusive An- und Abfahrt und Wartezeit so ca. eine Stunde von den ganzen Dramen ab, die es da sonst so gibt. Außerdem hat man vom Wartezimmer aus Zugriff auf zwei Pokestopps und eine Arena, in die ich aber noch nicht darf, weil ich zu schlecht bin.

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Samstag, 23. Juli 2016
Die kleine Narbe am Knie

Wir standen uns nie so richtig nahe. Sie war halt in der Grundschule in der Parallelklasse, das wars. In der Grundschule interessiert man sich nicht für Mädchen - nicht für die in der eigenen und schon gar nicht für die in der Parallelklasse.
In der dritten oder vierten Klasse hatten wir eine Theateraufführung. Der Teufel mit den drei goldenen Haaren. Ich weiß nicht mehr, welche Rolle ich hatte und was sie spielte weiß ich auch nicht mehr. Aber sie hatte Wanderschuhe an. Mit denen trat sie mich ans Knie. An den Grund erinnere ich mich auch nicht mehr. Stunden später bemerkte ich, dass ich geblutet hatte. Man sieht heute noch eine kleine Narbe an der Stelle.

Nach der Grundschule verlor man sich aus den Augen. Sie ging auf die Realschule, ich aufs Gymnasium. Sie spielte Handball, ich Fußball, man hatte komplett getrennte Freundeskreise. Erst als sie sich in einen Freund aus meiner Runde verliebte, gab es da plötzlich eine Überschneidung. Im Laufe der Jahre wurden es immer mehr und das hält bis heute an. Gerade vor zwei Wochen hatten wir darüber diskutiert, dass wir unbedingt wieder ein Jahrgangstreffen machen müssen, dass wir das diesmal an einer anderer Location starten sollten und dies und das. Nun fängt die Freibadsaison an, bald hätte man sich häufiger gesehen, aber dem wird nicht so sein. Heute Nacht hatte sie einen Unfall, sie liegt im künstlichen Koma und es ist sicher, dass sie nicht überleben wird.

In diesen Momenten relativiert sich so vieles. Vor dem Anruf, bei dem ich das erfahren habe, wälzte ich mich im Selbstmitleid und hielt mich an dem Strohhalm fest, dass man dieses Selbstmitleidsorgien ja kennt, dass sich das schon wieder hinbiegt, dass es schon öfter so war und immer wieder alles auf eine andere gut wurde. Und genau so war es auch: es wurde immer wieder… das bei ihr wird nicht mehr.
Es ist also komplett irrelevant, was jemand anderes irgendwo gemacht hat, was mir nicht passt. Eine andere Person hatte in der gleichen Zeit einen Unfall und wird sich nie wieder über solchen Pillepallekram aufregen müssen. Sie wird nie wieder über Dinge grübeln, die im Großen und Ganzen gesehen gar nicht so wichtig sind, denn sie hat ab sofort weder Kleinigkeiten und Pillepallekram, noch ein Großes und Ganzes.

Das Leben ist kurz. Ein Satz, der auf den zigtausend Sinnspruchpostings bei Facebook und anderswo zu finden ist - oft gefolgt von einer konkreten Anweisung. Carpe diem oder ähnliches. Ich finde diese Sinnspruchpostings meistens nervig bis peinlich. Auch die mit „Das Leben ist kurz“. Zumindest dieses hat aber recht. Das Leben ist echt kurz und vor allem weiß man nie, wann das Ende da ist.
Ich weiß nicht, ob es schlimm ist, das jetzt zu sagen, aber ich tue es trotzdem: wenn man aus diesem Scheiß, aus diesem Drecksunfall, aus diesem verdammten Mist auch nur einen Hauch von Positivem, nein nicht Positiven: Sinnvollem (und auch das Wort ist falsch) ziehen will, dann dass es mir eine Lehre ist. Das Leben ist wirklich kurz. Viel zu kurz, um es mit Grübeleien und Negativem zu vergeuden. Für die Zukunft gilt, dass man mir die Arschtritte bitte auf eine andere Art und Weise erteilen möchte - ohne Beteiligung anderer.

Das Leben ist kurz. Ähnlich kurz, wie die kleine Narbe im Knie, die mich nun hoffentlich immer daran erinnert wie kurz.

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Dienstag, 19. Juli 2016
Bei 37 Grad wäre das Drecksmoos wahrscheinlich eh auf den Waschbetonplatten verdampft

Morgen sind 37 Grad vorausgesagt. Eventuell der heißeste Tag des Jahres. Desweiteren gibt es seit Montag eine neue, seit ein paar Wochen eine andere und seit Monaten zwei alte Baustellen auf den deutschen Autobahnen, die ich morgen zu befahren gedenke. Die Baustellen sind auf verschiedene Autobahnen verteilt, sodass ich auf jeden Fall in den Genuss mindestens eines Megastaus komme - egal welche Route ich wähle. Vielleicht fahre ich auch Landstraße, was bedeutet, dass man durch Käffer fährt, in denen man von Bauern mit Mistgabeln und brennenden Fackeln verfolgt wird, weil sie Autos für teuflische Kutschen aus der Hölle halten. Ich tue mir diese Fahrt an, weil ich nach ewig langer Zeit meine Zweitwohnung an den Vermieter übergeben werde, der sich zwar bei den Vielleicht-Nachmietern auf höchst wohlwollende Weise über mich geäußert hat, aber dann doch das eine oder andere zu meckern hatte. Das wird morgen nicht anders sein. Kleiner Tipp an dieser Stelle: Moos auf Waschbetonplatten immer zeitnah entfernen oder erst gar nicht entstehen lassen. Ansonsten haben sie später einen extrem viel Spaß beim Versuch, das Zeug wieder loszuwerden. Und diese komischen Fliegenfallen, die man aus einer Papprolle zu einem langen, klebrigen Band auszieht: nicht an den Griff der Balkontür hängen. Von dort können sie auf die Balkontürscheibe geweht werden, festkleben und der Kleber hinterlässt dann fiese Kratzer, wenn man versucht, ihn mit einem rauen Schwamm zu entfernen. Ich wollte immer versuchen, das mit dem Mittel zu kaschieren, mit dem man Kratzer auf Handydisplays kaschiert, habe es aber im Laufe der Jahre vergessen. Nun denn, ist jetzt halt so. Vielleicht erweist sich das Wetter morgen doch noch als Pluspunkt für mich und der Vermieter will die Sache so schnell wie nur möglich hinter sich kriegen. Man wird sehen.
Der große Nachteil von Zweitwohnsitzen ist übrigens, dass man vieles doppelt hat, wenn man sich irgendwann nur noch einen Erstwohnsitz beschränkt. Plötzlich sind da zwei Staubsauger, überhaupt sind die ganzen Putzutensilien doppelt vorhanden, man hat plötzlich viel zu viel Geschirr und Besteck und so weiter. Aber ich hab ja nun sehr viel mehr Platz als gedacht, also alles kein Problem.

Die Themen sind die gleichen wie früher: Wetter und die Scheiß-Autofahrerei. Stimmt also tatsächlich: man verlernt es nicht.

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Dienstag, 19. Juli 2016
Chaaaaanges

Sich als Frau Beziehungsratschläge bei einer vermeintlichen Freundin zu holen, deren Eltern sich frühzeitig getrennt haben, deren sämtliche Geschwister die meiste Zeit ihres Erwachsenendaseins Single sind (auch der Bruder, der früher eine Frau war), die zwei Kinder von zwei Männern hat, wovon der eine keinen Kontakt zu seinem Kind wünscht, der andere den Kontakt gerichtlich untersagt bekommen hat, also eben diese Freundin als Ratgeberin zu nehmen ist - nun ja - wenn nicht bescheuert, dann wenigstens naiv. Quatsch: bescheuert ist es allemal; das naiv ist die Kirsche als Krönung auf dem Dummheitsküchlein. Gibt aber Menschen, die das trotzdem tun und das endet dann in einer nicht wirklich clever kaschierten Möchtegernaffäre und dem Ende einer Beziehung.

Bin also wieder Single, alleinerziehend (1 Kind, 2 Katzen), schmutze wenig und fange bald wieder an mit Sport. Ach ja: einen neuen Job habe ich auch demnächst. Wäre David Bowie nicht tot, würde er lauthals „Chaaaaanges“ singen und wüsste nicht mal wieso.

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