Sonntag, 25. Dezember 2011
Hohoho - Teil III

Auf der Treppe lag gestern ein Geschenk: Servietten mit Weihnachtsmotiv, darauf ein kleines Windlicht in Form eines Turms, ähnlich den gewaltigen Windlichtern, die man mit riesigen Kerzen auf manchen Terrassen sieht. Dank redefreudigem Nachbarkind weiß ich nun, dass das Geschenk von ihnen ist. Warum ich es bekam... keine Ahnung.
Die anderen Nachbarn feiern schon seit drei Tagen durch. Heute morgen war nach amerikanischer Sitte Bescherung für die Kleinen, aber da sie nun mal schon eine Weile in Deutschland leben, gab es gestern auch schon was und morgen nochmal, denn da kommen neue Gäste. Muss man ja auch wollen, so eine komplett durchgefeierte Weihnacht.
Zwischen all dem Trara und Gefeiere wuselt die Dame des Hauses herum. Sie ist der deutsche Part dieser deutsch-amerikanischen Ehe, ginge aber mit dem drallen Hintern und der beachtlichen Oberweite locker auch als die amerikanische Hälfte durch. Jedes Mal, wenn sich die Tür öffnet, weil sie Müll raus– oder Getränke reinbringt, dringt eine unglaublich lecker riechende Duftwolke aus dem Haus, die schon beim Einatmen den Cholesterinlevel auf Himalaya-Niveau treibt. Aber hey, es ist Weihnachten, da darf man das. Sie winkt jedes Mal ganz enthusiastisch. Der ganze Trubel macht ihr nichts aus, im Gegenteil, sie scheint es zu genießen. Zwischendurch spielen die Kinder auf der Straße. Eine bunt gemischte Truppe. Ein Junge hat einen brasilianischen Vater und eine deutsche Mutter, wohnte bis vor kurzem in Maryland. Zwei schwarze Mädchen, von der Mutter aufs niedlichste mit Unmengen an Zöpfen, exakt gleichen Kleidchen, weißen Kniestrümpfen und Lackschuhen auf weihnachtlich aufgehübscht. Ein amerikanischer Junge, entsprungen aus dem Buch der Weihnachtsschrecken: man hat ihn gezwungen, einen rot-weißen Strickpulli mit gestickten Rentieren darauf anzuziehen. Es stört ihn nicht. Oder nicht mehr. Was will er auch machen. Wenn er schlau ist, fällt ihm “versehentlich” ein dicker Klecks Schokoladensauce vom Nachtisch direkt auf den achsohübschen Pulli. Allerdings denken amerikanische Mütter mit und bestimmt findet sich im Koffer noch ein genauso schöner Ersatzpulli.
Ich schaue ihnen beim Fußballspielen und Herumrennen zu, während meine Reste von gestern in der Mikrowellen auf essbare Temperaturen gebracht werden. Die Ente schmeckt auch einen Tag später noch ziemlich gut und auch die Klöse sind erstaunlich fluffig, trotz einer Nacht im Kühlschrank. Ich hätte Lust auf einen Verdauungsschnaps, aber keinen im Haus. Das war früher auch anders; da gab es Stellen, an denen man sich ins Koma und zurück saufen konnte. Mehrfach. Von vielen Stellen wusste ich noch nicht einmal, die habe ich erst später entdeckt.
Soviel an Resten war es denn aber auch nicht. Jedenfalls nicht genug, um ein Verdauerle zu rechtfertigen und außerdem hätte ich dafür an eine Tanke fahren müssen, um es erst einmal zu besorgen. Menschen, die an Tankstellen (oder im Supermarkt, beim Bäcker oder sonstwo) diese kleinen Fürzwischendurch-Fläschchen kaufen sind per se suspekt und noch ist es nicht soweit, dass ich da dazu gehören möchte. Also muss mein Körper einfach so verdauen, ganz ohne spirituelle Hilfe.

#weihnachten2011

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