Donnerstag, 26. April 2012
Und übermorgen backe ich Muffins

Der Notar ist groß, sehr hager und hat eine lange, krumme Nase. Er sieht ein bisschen aus wie ein Bestatter. Vielleicht macht er das auch noch nebenberuflich. Wie immer sitzt er neben der Schreibkraft, schaut über ihre Schulter auf den Monitor und bedient dabei die Maus. Eine seltsame, aber scheinbar gut funktionierende Arbeitsteilung. Mit monotoner Stimme liest er schnell den Text runter, die Unterschriften werden geleistet und fertig. Alles erledigt in unter zehn Minuten. Noch muss ich den Ausweis vorlegen, aber das dürfte bald auch nicht mehr nötig sein. Meine Eltern können ihre schon stecken lassen.
Mein Bruder sieht aus wie oberes Management. Da ist er zwar noch nicht ganz angekommen, aber der Weg scheint vorgezeichnet. Die passenden Anzüge hat er schon mal, das ist wichtig. Er trägt sogar silberne Manschettenknöpfe, die gerade noch als dezent durchgehen. Er ist extra wegen den zehn Minuten aus der Ferne angereist. Er hätte das auch bei sich irgendwo erledigen können, aber anscheinend brauchte er ein bisschen Auszeit. Verstehe ich. Würde mir nicht anders gehen unter den Umständen.

Danach noch kurz Smalltalk vor dem Rathaus. Ein Bekannter meines Vaters ist vor drei Wochen gestorben. Eine Woche später hat sich die Witwe erhängt. Traurig und tragisch. Aber dass das Leben kein Ponyhof ist, dürfte ja allseits bekannt sein.

Und morgen dann mal Bewerbungen schreiben. Zwei gleich. In der Arbeitszeit. Ich komme bestimmt in die Hölle. Naja, ok. Vielleicht mach ichs auch in der Pause.

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