Samstag, 23. Juli 2016
Die kleine Narbe am Knie

Wir standen uns nie so richtig nahe. Sie war halt in der Grundschule in der Parallelklasse, das wars. In der Grundschule interessiert man sich nicht für Mädchen - nicht für die in der eigenen und schon gar nicht für die in der Parallelklasse.
In der dritten oder vierten Klasse hatten wir eine Theateraufführung. Der Teufel mit den drei goldenen Haaren. Ich weiß nicht mehr, welche Rolle ich hatte und was sie spielte weiß ich auch nicht mehr. Aber sie hatte Wanderschuhe an. Mit denen trat sie mich ans Knie. An den Grund erinnere ich mich auch nicht mehr. Stunden später bemerkte ich, dass ich geblutet hatte. Man sieht heute noch eine kleine Narbe an der Stelle.

Nach der Grundschule verlor man sich aus den Augen. Sie ging auf die Realschule, ich aufs Gymnasium. Sie spielte Handball, ich Fußball, man hatte komplett getrennte Freundeskreise. Erst als sie sich in einen Freund aus meiner Runde verliebte, gab es da plötzlich eine Überschneidung. Im Laufe der Jahre wurden es immer mehr und das hält bis heute an. Gerade vor zwei Wochen hatten wir darüber diskutiert, dass wir unbedingt wieder ein Jahrgangstreffen machen müssen, dass wir das diesmal an einer anderer Location starten sollten und dies und das. Nun fängt die Freibadsaison an, bald hätte man sich häufiger gesehen, aber dem wird nicht so sein. Heute Nacht hatte sie einen Unfall, sie liegt im künstlichen Koma und es ist sicher, dass sie nicht überleben wird.

In diesen Momenten relativiert sich so vieles. Vor dem Anruf, bei dem ich das erfahren habe, wälzte ich mich im Selbstmitleid und hielt mich an dem Strohhalm fest, dass man dieses Selbstmitleidsorgien ja kennt, dass sich das schon wieder hinbiegt, dass es schon öfter so war und immer wieder alles auf eine andere gut wurde. Und genau so war es auch: es wurde immer wieder… das bei ihr wird nicht mehr.
Es ist also komplett irrelevant, was jemand anderes irgendwo gemacht hat, was mir nicht passt. Eine andere Person hatte in der gleichen Zeit einen Unfall und wird sich nie wieder über solchen Pillepallekram aufregen müssen. Sie wird nie wieder über Dinge grübeln, die im Großen und Ganzen gesehen gar nicht so wichtig sind, denn sie hat ab sofort weder Kleinigkeiten und Pillepallekram, noch ein Großes und Ganzes.

Das Leben ist kurz. Ein Satz, der auf den zigtausend Sinnspruchpostings bei Facebook und anderswo zu finden ist - oft gefolgt von einer konkreten Anweisung. Carpe diem oder ähnliches. Ich finde diese Sinnspruchpostings meistens nervig bis peinlich. Auch die mit „Das Leben ist kurz“. Zumindest dieses hat aber recht. Das Leben ist echt kurz und vor allem weiß man nie, wann das Ende da ist.
Ich weiß nicht, ob es schlimm ist, das jetzt zu sagen, aber ich tue es trotzdem: wenn man aus diesem Scheiß, aus diesem Drecksunfall, aus diesem verdammten Mist auch nur einen Hauch von Positivem, nein nicht Positiven: Sinnvollem (und auch das Wort ist falsch) ziehen will, dann dass es mir eine Lehre ist. Das Leben ist wirklich kurz. Viel zu kurz, um es mit Grübeleien und Negativem zu vergeuden. Für die Zukunft gilt, dass man mir die Arschtritte bitte auf eine andere Art und Weise erteilen möchte - ohne Beteiligung anderer.

Das Leben ist kurz. Ähnlich kurz, wie die kleine Narbe im Knie, die mich nun hoffentlich immer daran erinnert wie kurz.

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Dienstag, 19. Juli 2016
Chaaaaanges

Sich als Frau Beziehungsratschläge bei einer vermeintlichen Freundin zu holen, deren Eltern sich frühzeitig getrennt haben, deren sämtliche Geschwister die meiste Zeit ihres Erwachsenendaseins Single sind (auch der Bruder, der früher eine Frau war), die zwei Kinder von zwei Männern hat, wovon der eine keinen Kontakt zu seinem Kind wünscht, der andere den Kontakt gerichtlich untersagt bekommen hat, also eben diese Freundin als Ratgeberin zu nehmen ist - nun ja - wenn nicht bescheuert, dann wenigstens naiv. Quatsch: bescheuert ist es allemal; das naiv ist die Kirsche als Krönung auf dem Dummheitsküchlein. Gibt aber Menschen, die das trotzdem tun und das endet dann in einer nicht wirklich clever kaschierten Möchtegernaffäre und dem Ende einer Beziehung.

Bin also wieder Single, alleinerziehend (1 Kind, 2 Katzen), schmutze wenig und fange bald wieder an mit Sport. Ach ja: einen neuen Job habe ich auch demnächst. Wäre David Bowie nicht tot, würde er lauthals „Chaaaaanges“ singen und wüsste nicht mal wieso.

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Dienstag, 9. September 2014
Und obwohl sie das eigentlich gar nicht plant...

nicht vorhat oder gar möchte, ist sie sowas von sensationell großartig, dass ich ihr das mit dem nicht mögen zumindest mal nicht mehr abnehme. Ist aber nicht schlimm. Sie soll das mögen, das hat sie verdient.

Ein bisschen neidisch bin ich manchmal. Aber nur ein klitzekleines bisschen und das geht auch ganz schnell wieder weg. Und dann freue ich mich. So wie alle anderen auch. Vielleicht nur ein klitzekleines bisschen mehr, aber dann doch mehr. Ach was, ganz bestimmt sogar ein kleines bisschen mehr. Das mehr freuen habe ich mir aber auch verdient. Finde ich.

So ist das nämlich.

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Dienstag, 28. Januar 2014
Kann Spuren von Erdnüssen oder anderen Schalenfrüchten enthalten

Wenn jemand sagt, er würde gerade „Edle Nüsse“ zu sich nehmen: urteilen Sie nicht zu schnell. Ich dachte auch zuerst an „Edle Tropfen in Nuss“, also den Schnaps, der alibimäßig in Schokolade gekippt und mit ein paar Nusssplittern verziert wurde. Es gibt aber auch „edle Nüsse“ in der Reinform. Also nur Nüsse, ohne Schnaps. Ob die nun edel sind, müssen Lebensmittelexperten und/oder Eichhörnchen entscheiden; ich will mir da kein Urteil erlauben - zumal ich die ja auch noch nie konsumiert habe. Wäre ja doppelt unfair.
Nüsse sind jedenfalls gut für die Nerven. Das sind die „Edlen Tropfen“ allerdings auch. Zumindest, wenn man sich eine ganze Packung in kürzester Zeit gibt. Denke ich zumindest mal. Wieviel Schnaps ist da wohl verarbeitet? Ich könnte das jetzt mal googeln, aber ich will nicht, dass die NSA schlecht von mir denkt, also lasse ich das mal lieber. So oder so gehe ich davon aus, dass man eine ganze Packung in kürzerster Zeit schon ein kleines bisschen merken würde. Ziemlich sicher wäre einem schlecht - ob vom Schnaps oder der Unmenge an minderwertiger Schokolade, gepaart mit ranzigen Nüssen UND dem Schnaps ist das eher zweitrangig. Die scharfkantigen Nusssplitter kratzen wahrscheinlich auch im Rachen, wenn dieses Schokoladen-Nuss-Schnapsgemisch den Rückweg durch die Speiseröhre antritt, aber in dem Moment ist das nur ein kleiner Teil des großen Sorgengebildes, das einen gerade umgibt.

Ich hatte heute übrigens auch schon Nüsse. Die „edlen“ Mandeln aus dem Lidl. Mit Wasabi-Geschmack. Ich hätte die Zutatenliste lesen sollen. Das ist alles ganz weit weg von edel und war für meinen Geschmack auch nicht das Edelste, was man aus Mandeln zaubern kann. Und eigentlich müssen Nüsse ja auch gar nicht edel sein. Viel wichtiger ist, dass sie schmecken.

Und ganz besonders großartig finde ich den Aufdruck, der sich auf manchen Nuss-Verpackungen finden lässt: Kann Spuren von Erdnüssen oder anderen Schalenfrüchten enthalten. Echt jetzt??? Mach Sachen...

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Sonntag, 6. November 2011
Gibt so Samstage

Einen Mönch umarmt, einen guten alten Freund beim an einer guten alten Bekannten anbaggern erwischt, tagesaktuell Leben der Alternative vorgezogen, eine blauweiße Rose geschenkt bekommen und einem Bacardi-Fake gefröhnt. Gibt so Samstage.

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Montag, 17. Oktober 2011
Yeah, Herbstrockzeit!

Heute morgen ruft mich der neue Chef zum Appell. Quartalsgespräch. Aus der angesetzten halben Stunde wird eine ganze. Ich bewerte ihn schlechter als er mich. Muss er mit klar kommen. Ich hatte mich auf seinen Job beworben, er wurde genommen. Im Nachhinein bin ich Gott oder wer auch immer dafür verantworlich war mehr als dankbar. Diesen Rotz wollte ich nicht machen. Und ich habe schon ein angeknackstes Ego; wie schlimm muss es da für einen von sich selbst überzeugten Egomanen sein, wenn er ständig und immer wieder an seine Grenzen stößt und dies in diesem Fall auch merkt. Naja, nicht mein Problem, bzw. lang- bis mittelfristig doch, aber hey: arbeitslos zu sein hätte gerade auch seine Momente.

Immerhin hat gerade die Herbst-Rocksaison angefangen. Das macht es im Büro eträglich. Erfreuliche Aussichten, zumindest in dieser Hinsicht, wenn es aus Controlling-Sicht schon beschissen läuft.

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Sonntag, 16. Oktober 2011
Frisch

Das mit dem frisch kochen ist ja auch so eine Sache. Eine frische Zucchini zu kaufen, um sie dann eine Woche später halbherzig doch noch zu verarbeiten, widerspricht wahrscheinlich dem Grundgedanken. Genau wie die frischen Tomaten und die frische Paprika, die wirklich ganz frisch verarbeitet wurden, um dann zusammen mit der nicht mehr so ganz frischen Zucchini in Tupperschüsseln zu verschwinden, die nun im Eisfach auf ihren unbestimmten Einsatz warten.

Wahrscheinlich habe ich da so nebenbei eine ganz neue Kochrichtung erfunden. "Cook like you feel" und da passt "nicht mehr wirklich frisch" ja hervorragend. Weiß jemand wie man an Fleisch von wirlich deprimierten Kühen, Schweinen und Hühnern kommt?

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Montag, 10. Oktober 2011
Rangnik ist doof

Heute nachmittag kurz daran gedacht dann doch mal zusammenzubrechen, loszuheulen, den Kopf auf die Tischplatte donnern zu lassen und einfach nur zu warten, bis die Jungs mit dem Krankenwagen kommen. Dann daran gedacht, dass Burn out ja gerade, Rangnik und Co. sei Dank, ein Mega-Hype-Thema ist. Wie sieht das denn aus, wenn man da nun plötzlich auch einen Burn out hat. Ruckzuck wird man als Mitläufer abgestempelt, als jemand, der jeden Trend mitmacht und der auch Brustkrebs simulieren würde, wenn die Ferres oder so sich diesbezüglich outen würde. Vielleicht würde sogar das Wort “Simulant” fallen. Also habe ich stattdessen versucht doch nicht loszuheulen, halbwegs konzentriert zu arbeiten und bescheuerte Kundenanrufe nicht mit “Du kannst mich mal, Flachpfeife” zu beantworten. Hat leidlich geklappt. So warte ich weiter auf den Tag, an dem ich mit starrem Blick im Büro sitze, mich nicht mehr bewegen kann und sich hoffentlich irgendjemand erbarmt und die Jungs mit dem Krankenwagen ruft. Vielleicht nicht mehr diesen Monat, da würde es so gar nicht reinpassen, aber danach wäre ok.

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Dienstag, 4. Oktober 2011
Gibt so Tage

Gibt so Tage, die sind gut und schlecht zugleich. Oder so richtig abgrundtief dreckig und famos über alle Maßen zugleich. Das ist dann die Hardcore-Variante.
Ins Büro zu gehen ist tiefste Qual. Spaß sieht anders aus und es ist jeden Morgen wieder wie Lotto, ob man mit dem Schlüssel noch reinkommt oder nicht. Die Stimmung ist ähnlich wie auf einem FDP-Parteitag, nur dass es dort optimistischer zugehen dürfte; und das will ja was heißen. Witzigerweise haben wir das gleiche Grundproblem: unfähige Häuptlinge, die genau wie dort laute Schlachtgesänge in die Prärie schmettern, aber zu blöd sind, um ein Pferd überhaupt zu satteln. Aber hauptsache der Kopfschmuck sitzt und wirkt mächtig, wenn der Rest auch noch so armselig ist. Und genau wie bei der FDP wird sich auch bei uns nichts ändern: die Häuptlinge sind die letzten, die an sich zweifeln und sterben meistens auch zuletzt.

Aber all dieser Rotz wird überstrahlt von einer Sache, bei der es einen eindeutigen Gewinner bin. Ich bin es nicht, zumindest nicht hauptsächlich, aber es ist das erste Mal seit Wochen, dass ich gelächelt habe, weil mir danach war und nicht weil es erwartet wurde.

Gibt so Tage und manchmal ist es gut so.

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Montag, 19. September 2011
Das Jammern geht weiter...

Von einer Megaerkältung mit allem drum und dran direkt in so eine fiese Magen-Darm-Sache gerutscht. Das kann allerdings auch an den Medikamenten liegen, die ich gegen die Erkältung eingeworfen habe. Es nervt jedenfalls so langsam.

Noch eine Woche krankschreiben lassen ist nicht die drin. Die Totengräber (aka Unternehmensberater) schleichen schon durch die Gänge, sondieren die Lage und machen Kreuzchen in ihre Kladden. Da empfiehlt es sich einen fitten und aufgeräumten Eindruck zu hinterlassen und beschäftigt zu tun. Klappte heute ganz gut. Die Krämpfe kamen auch erst gegen Abend. Andererseits: dem Tun der Totengräber ist nicht wirklich eine Logik zu entnehmen. Weiß der Geier, wie die zu ihren Schlussfolgerungen kommen, aber ich könnte schwören, dass ich gelegentlich schon das Klackern von Würfeln aus dem Besprechungszimmer gehört habe. Dem Kollegen habe ich den Tipp gegeben, er solle sich mal an die weibliche Totengräberin ranschmeissen. Das könnte seine Chance auf Verschonung erhöhen. Er will aber nicht. Ich glaube fast, es wäre ihm gar nicht unrecht, wenn das Beil über ihm runterdonnert. Man kann es ihm nicht verdenken.
Derweil verzweifle ich an der Großmäuligkeit mancher Menschen. Und an der Dummheit und übertriebener Chuzpe anderer. Es ist alles nicht einfach.

The trick is to keep breathing. Trotz Krämpfen.

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